Office Environments
Sensorisch integrative Büroumgebungen für neurodivergente Arbeitnehmende
Phase 1
Projekttyp: Explorative Forschung
Betroffene Behinderung: Autismus und tiefgreifende Entwicklungsstörungen
Thematiken: Gleichstellung am Arbeitsplatz
Status: Abgeschlossen
Neurodivergente Büroangestellte mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind mit einzigartigen sensorischen Herausforderungen konfrontiert. Diese Studie untersucht diese Herausforderungen in der Schweiz und bewertet gleichzeitig spezifisch die Wirksamkeit von Anpassungen und deren Zusammenhang mit Arbeitszufriedenheit, Wohlbefinden und dem Gefühl, von ihrem Arbeitsplatz unterstützt zu werden.
Neurodivergenz (ND) umfasst Erkrankungen wie die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und die Autismus-Spektrum-Störung (ASS), die zu einzigartigen sensorischen Herausforderungen führen, darunter eine erhöhte (hyper) oder verminderte (hypo) Empfindlichkeit für Geräusche oder Gerüche, was häufig zu einer Ausgrenzung am Arbeitsplatz führt. Zwar gibt es nur wenige Forschungsarbeiten zu sensorischen Herausforderungen in Büroumgebungen, doch neigen diese dazu, sich hauptsächlich auf ASS zu konzentrieren, wobei ADS/ADHS nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Darüber hinaus fehlt es bestehenden Studien oft an sensorischen Informationen darüber, wie Menschen in Arbeitsumgebungen wahrgenommen werden. Darüber hinaus fehlt es bestehenden Studien häufig an theoretischen sensorischen Rahmenwerken und sie berücksichtigen nicht die unterschiedlichen Eigenschaften von Büros und die Möglichkeiten der räumlichen Anpassung. Infolgedessen sind Arbeitsplatzgestaltungen für Menschen mit ADHS weltweit nach wie vor unterentwickelt, unzureichend erforscht und schlecht umgesetzt, obwohl gesetzliche Mandate dies verlangen.
Für unsere Studie arbeitete ein interdisziplinäres Team der Zürcher Hochschule mit Forschern aus den Bereichen Public Health, Ergotherapie, Umweltpsychologie und Arbeitsplatzmanagement mit dem Centre for Neurodiversity Research at Work in Birkbeck, University of London, sowie mit einem Implementierungspartner von Roche zusammen. Unsere Ziele waren (1) die Ermittlung der spezifischen sensorischen Herausforderungen, mit denen Büroangestellte mit ADHS in verschiedenen Büroumgebungen konfrontiert sind, (2) die Erforschung von Design, Funktion und persönlichen Anpassungen und (3) die Bewertung der Beziehung zwischen diesen Faktoren und der Zufriedenheit, dem Wohlbefinden und der wahrgenommenen Unterstützung am Arbeitsplatz.
Die Studie verwendete ein Querschnittsmodell, um sensorische Herausforderungen, Anpassungen und gesundheitsbezogene Ergebnisse bei einer Bequemlichkeitsstichprobe von Büroangestellten in der Schweiz zu untersuchen, bei denen ADHS diagnostiziert wurde und die über berufliche Netzwerke und Organisationen zur Unterstützung von Menschen mit ADHS rekrutiert wurden. Die Daten wurden mithilfe einer ergänzten Version des HOK Neuro-distinction Workplace Survey erhoben, der von HOK, einem weltweit führenden Unternehmen im Bereich des neuro-inklusiven Designs, entwickelt wurde. Unsere Korrelationsanalyse ergab :
Sensorische Herausforderungen und ihre Auswirkungen
1. Lärm, Platzmangel und Temperatur sind die drei häufigsten Probleme in Büros.
2. Die angetroffenen sensorischen Herausforderungen variieren je nach sensorischem Profil der Teilnehmenden. Dies kann in Zukunft gezielte Anpassungen ermöglichen. Zum Beispiel:
a. Taktile Hypersensibilität: Eher werden Texturen und Temperatur als schwierig empfunden.
b. Visuelle Hypersensibilität: Eher finden sie Licht und die Nähe zu anderen Menschen schwierig.
c. Auditive Hyposensibilität: Es ist weniger wahrscheinlich, dass es schwierig ist, keinen Lautsprecher zu haben.
3. Die sensorischen Profile der Teilnehmenden sind mit der Wahrscheinlichkeit verbunden, dass sie sich mit ihrer Arbeitsumgebung unzufrieden fühlen, unabhängig von der Art des Büros. Dies deutet darauf hin, dass die Arbeitsumgebungen der Teilnehmenden in der Schweiz möglicherweise noch nicht ausreichend angepasst sind, um den sensorischen Bedürfnissen aller Mitarbeiter gerecht zu werden.
Sinnesanpassungen und ihre Auswirkungen
1. Die wirksamsten Anpassungen für die Mehrheit der Teilnehmenden waren :
a. Gestaltung: Arbeitspunkte in wenig frequentierten Bereichen; verstellbare ergonomische Möbel; Steh-Sitz-Schreibtische; Bewegungsmöglichkeiten ;
b. Operativ: Heimarbeitspolitik; Flexible Arbeitszeiten mit minimaler Ablenkung; Intermittierende Pausen.
c. Persönlich: Arbeiten in wenig frequentierten Bereichen; Verwendung von Terminkalendern; visuelle Checklisten; Verwendung von Kopfhörern zur Vermeidung von Hintergrundgeräuschen aus dem Büro.
2. Die Wirksamkeit von Anpassungen variiert je nach sensorischem Profil der Arbeitnehmer. Zum Beispiel:
a. Auditive Hypersensibilität: Lärmschutzkopfhörer werden eher als wirksam empfunden.
b. Auditive und visuelle Hypersensibilität: Höhere Wahrscheinlichkeit, dass Rückzugsbereiche als wirksam angesehen werden.
c. Auditive Hyposensibilität: Es ist unwahrscheinlicher, dass Arbeitspunkte in wenig frequentierten Bereichen als effektiv angesehen werden.
d. Taktile Hyposensibilität: Höhere Wahrscheinlichkeit, praktische taktile Elemente als effektiv zu empfinden.
3. Arbeitnehmer, die mit den Anpassungen an ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind, haben statistisch gesehen eine höhere Wahrscheinlichkeit, ein höheres Maß an Wohlbefinden und eine größere Arbeitszufriedenheit zu erleben und sich von ihrem Arbeitsplatz deutlich mehr unterstützt zu fühlen.
Unsere Studie beleuchtete die sensorischen Herausforderungen, denen sich Menschen mit ADHS in Büroumgebungen gegenübersehen, und bewertete die wahrgenommene Wirksamkeit verschiedener Anpassungen sowie deren Auswirkungen auf die Zufriedenheit, Unterstützung und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Die Ergebnisse legen nahe, dass Anpassungen einen signifikanten Einfluss auf die Gesundheit am Arbeitsplatz haben, was ihre Bedeutung bei der Schaffung integrativer und gesunder Arbeitsplätze unterstreicht. Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass die sensorischen Profile von Individuen sowohl mit den sensorischen Herausforderungen, denen sie begegnen, als auch mit der Wirksamkeit von Anpassungen in Zusammenhang stehen, was das Potenzial gezielter Interventionen unterstreicht. Wir folgern daher, dass Anpassungen am Arbeitsplatz vielfältig und angepasst sein müssen, um den unterschiedlichen sensorischen Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht zu werden. Insgesamt hat diese Studie zu einem besseren Verständnis der besonderen Bedürfnisse von Menschen mit ADHS am Arbeitsplatz beigetragen. Diese Ergebnisse werden die von uns geplanten zukünftigen Studien informieren und verfeinern, indem sie einen umfassenderen und differenzierteren Ansatz gewährleisten, um den sensorischen Bedürfnissen neurodivergenter Arbeitnehmer gerecht zu werden.
Die zukünftigen Studien unseres Teams werden eine qualitative Erforschung der Kontextfaktoren umfassen, die sensorische Herausforderungen und die Wirksamkeit von Anpassungen beeinflussen, sowie quantitative Längsschnittstudien, um eine solidere Beweisgrundlage aufzubauen. Diese Bemühungen werden die Entwicklung von Prinzipien des universellen Designs für neuro-inklusive Arbeitsplätze unterstützen, die die verschiedenen sensorischen Bedürfnisse berücksichtigen und allen Mitarbeitern zugute kommen.

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Zurich University of Applied Sciences
Clara Weber